Es ist einer dieser Samstage, der sich schon wie ein Sonntag anfühlt, ohne, dass es dafür einen konkreten Grund gäbe. Vermutlich liegt das an der allgemeinen Ruhe, die dieses Wochenende auszeichnet. Keine wilden Partys, keine alkoholischen Exzesse. Gemütliches Beisammensein, reden, in Jogginghose und Bademantel vor dem Computer sitzen und neben ein paar halbherzig ausgeführten sinnvollen Tätigkeiten einfach entspannen und schauen, was der Tag so bringt. Ein gemütlicher Sonntag schon am Samstag.
Und was darf da nicht fehlen? Richtig, Kaffee und ein guter Freund. Ich bewaffne mich also mit von meiner Mutter frisch gebackenen Brownies und einem Berry Crumble (Beeren-Rhababer-Streuselkuchen) von Schomaker, einer lokalen Bio-Bäckerei, die interessanterweise sogar eine Filiale in Japan hat. Schon interessant, dass so ein kleiner Laden so weit expandiert. Passt ja gut in die gesunde Ernährung der Japaner. Die Asiaten wissen ein gutes Dinkel Mehrkornbrot eben zu schätzen, genau wie die Ruhe. Generell eine interessante Kultur. Anderes Thema.
Jacke und Mütze an, Handschuhe mit sehnsüchtigen Gedanken an den Frühling liegen lassen. Nach kurzer Radfahrt durch die Felder, auf denen der Schnee langsam taut und man schon wieder ein paar braune und dunkelgrüne Flecken erkennen kann, komme ich bei Leif an. Die Handschuhe braucht man wirklich nicht mehr. Aber kalt ist die Hand auf Leifs Nacken seiner akustischen Reaktion nach zu urteilen wohl trotzdem.
Man sitzt so mit Kaffee am Tisch und erzählt über die wichtigen und unwichtigen Themen des Lebens. Im Hintergrund läuft für das Ohr gerade noch wahrnehmbar irgendwas klassisches, vermutlich Bach oder Schubert (random guess). Hinter mir befindet sich die Schiebetür mit dem großen Fenster, das den Blick auf den kleinen aber lieblichen Garten ermöglicht. Links ist die moderne Küche mit Counter in der Mitte, Induktionsherd und Kaffeevollautomaten. Rechts sitzt Leif. Danach kommt das etwas altmodisch eingerichtete Wohnzimmer. Drei Sofas stehen dort im Viereck mit einer fehlenden Seite angeordnet neben der Musikanlage. Vor ihnen steht ein viereckiger Glastisch, dem glücklicherweise keine Seite fehlt. An der Wand fällt direkt die alte Uhr auf, oder besser gesagt, ihr überdimensional wirkendes Pendel. Das Ticken hat merkwürdigerweise eine entspannende Wirkung. Einzig das laute Knarren und Ertönen von Glockenschlägen zur vollen Stunde vermag mich kurz aus dieser ruhigen Akustikatmosphere herauszureißen. Eine kurze Erinnerung, dass es noch eine Welt gibt, die sich dreht, die man aber getrost schnell wieder vergessen kann. Ich denke an Zukunft, an Neugier, an Vorfreude, an Liebe. Denken und über das Gedachte reden, das geht so ein bis zwei Stunden, gäbe es die sich drehende Welt nicht, könnten bestimmt noch ein bis zwei weitere hinzukommen. Aber man will es mit der Ruhe und Entspannung ja nicht übertreiben.
Leif verabschiedet mich mit einer Buchempfehlung für eine lange, mir bevorstehende Zugfahrt: ein Werk des Autors Haruki Murakami aus Japan. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die dort generell eine sehr interessante Kultur haben, gesund leben und die Ruhe zu schätzen wissen.
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