Sonntag, 26. Mai 2013

Impressionen eines außergewöhnlichen Sonntags

Ich bin mal wieder viel zu lange wach geblieben. Aber ein bisschen sollte man den kommenden Tag, an dem es nach Osnabrück zum Finale der U17 Damen (oder sagt man dann Mädchen?) im Basketball nach Osnabrück geht. Sechs Stunden Schlaf müssen reichen...von denen bekomme ich aber nur fünf, weil ich nach einer Stunde mal wieder mit Herzrasen und Angstzuständen wach werde und mir erstmal ausreden muss, dass Einbrecher (die ich eigentlich gerne verprügeln will) im Haus sind.

Früh aufstehen, alle Planung über den Haufen werfen und dann doch wieder zum Ursprung zurückkehren. Ich liege also 30 Minuten, die ich eigentlich gechillt mit Fertigmachen verbringen würde, im Bett. Dann muss natürlich alles etwas schneller gehen. Möchte Pinkeln, doch das Klo hat keine Klobrille mehr. Schockzustand. Entgegen jeglicher guter Erziehung mach ich's dann im Stehen. Geht alles gut.

Ich mache ein Bild vor'm Duschen mit Bart, eins nach'm Duschen mit Bart (Haare bereits faszinierend weniger voluminös) und eins nach'm Duschen rasiert. Ach so, das mit Pseudo-Hitlerbärtchen als Zwischenstadium habe ich vergessen. Sieht aber auch nicht originalgetreu aus. Mich eben geil riechend machen und Bier einpacken. Fahre zu Sven um mit ihm weiter zum Bahnhof zu fahren. Zug hat 35 Minuten Verspätung. Würden den Anschlusszug in Dortmund nicht mehr bekommen. Kaufen ein Ticket für in zweu Minuten. Sven leist in der "Hektik" den Zugplan falsch und wir warten an Gleis 13. Unser Zug steht an Gleis 12, das am selben Bahnsteig liegt. Ein Typ, der da steht, sagt "Das ist der falsche.". Später wird mir klar, dass er gar nicht wusste, welchen wir suchten. Jedenfalls fährt der Zug vor unseren Augen los, ohne, dass wir wissen, dass es unserer ist. Folglich sitzen wir eine Stunde am Duisburger Hauptbahnhof fest. Klingt negativ, ist eigentlich das Paradies. Denn nun bietet sich die erste Gelegenheit für ein Bier. Etwas nach 10 Uhr zischt es zwei mal und der Alkohol beginnt sich im Körper auszubreiten.

Die viel zu teuren Brötchen aus der Bäckerei und der preislich total angemessene Kaffee von Starbucks gestalten das Frühstück. Eine ältere Dame moniert auffällig meine laute Art zu reden. Ignoriert man. Die Welt soll unsere Gesprähe ruhig hören. Den Metaller mit der Köpi-Dose neben uns amüsieren sie augenscheinlich. Und generell müsste man das alles eigentlich mal aufnehmen. Nicht nur, dass wir uns dann daran erinnern (und nicht drei mal das gleiche Gespräch führen) würden, wir würden auch reich damit werden. Qualität. Die gutaussehende Starbucksverkäuferin bringen wir übrigens mit zwei Sätzen dazu, ihren eigenen Arbeitgeber zu polemisieren. Glukoseintoleranz, Größenangaben die von L bis XXL reichen und Hipster sind Thema. Zu Glukoseintolernaz habe ich neulich eine Studie gelesen...auf der südlichen Erdhalbkugel liegt die Quote in der Bevölkerung bei 80-100%, in der nördlichen jedoch bei 0-20%. Was sagt uns das? Richtig, Hitler.

Die Zeit verfliegt wie im Flug. Ob Dinge wohl auch nicht im Flug verfliegen? Man weiß es nicht. Jedenfalls wollen wir unser Ticket umbuchen. Dies wird uns verwehrt. Weil es den ganzen Tag gültig ist. Froher Dinge begeben wir uns zu unserem Gleis - diesmal wirklich 13 - und steigen in den Zug. Wir setzen uns auf reservierte Plätze von Leuten die in Bochum (Ich) und Münster (Sven) zusteigen. Es hagelt gute Gespräche, die ein Till sich gewiss gewünscht hätte, und die die Mitfahrer n Hörreichweite gewiss unterhalten. Das erste Thema ist übrigens eine Kritik an der Bahn für dieses bescheuerte Ticket plus Sitzreservierung Prinzip. In Bochum steigt niemand zu, Jackpot. In Münster - oh, ich vergaß, vier Bier später - dann leider doch. Die Frau, die auf Svens Platz will, macht irgendeine Bemerkung, von der sie wohl dachte, dass sie witzig sei. Ich erwidere etwas, von dem ich wohl dachte, dass es witzig sei. Lachend entferne ich mich. Das Lachen vergeht mir auch nicht bei der weiteren Suchen nach einem Sitzplatz, während der wir direkt von vielen Wegelagerern Sympathie erfahren. Man kann einfach nicht anders.

Im Speisewagen darf man nur sitzen, wenn man sich etwas kauft, beispielsweise ein Croissant mit Käse für 3,20€. Die letzten 20 Minuten stehen wir also. In denen kontrolliert uns auch endlich ein Schaffner. Beinahe hätte sich der Kauf der Tickets für 55€ nicht gelohnt. Angekommen bewundern wir kurz den Osnabrücker Bahnhof und nehmen uns ein Taxi. Der Taxifahrer ist super. Hat Humor und redet über relevante Dinge. Welche das waren, habe ich ob des Alkohols bereits vergessen.

Wir kommen in der Halle an. Nur ein paar Minuten verpasst. Ich sitze neben meiner Mutter im orange-pinken Fanshirt vom TSV Hagen, dem VErein meiner Schwester. Auf dem Shirt steht ominöserweise TSV AH. Man denke sich seinen Teil. Boah nein, nicht was du jetzt wieder denkst, nicht Albert Heijn, die bekannte Supermarktkette aus den Niederlanden. Dummerweise ist meine Mutter auch Handhaberin der großen Trommel. Obwohl wir in Osnabrück gegen Osnabrück spielen, übertönen wir (hach, Zugehörigkeitsgefühl ist sowas Tolles) die Gastgeber. Ich bekomme dafür ein Paar mal das Teilzumaufdietrommelschlagen gegen's Bein, aber das gehört einfach zu einer authentischen Experience (Anglizismen ftw). Sven und ich feuern an und beleidigen Gegner. So, dass es kaum einer merkt natürlich. Wir bekommen wirklich nur 1-2 böse Blicke. Ein kurzer Schreckmoment, als eine Gegnerin auf den Fuß von Sarah fällt, an dem sie sich erst eine Woche zuvor einen Bänderanriss zugezogen hat, ist sputig überwunden. Schneller als man sich versieht ist das Spiel gewonnen. Hagen ist Meister. Als ich sehe, wie meine Schwester (Top Scorer) und ihre beste Freundin im Team (sonst Top Scorer) sich umarmen habe ich sogar eine Träne im Auge. Papa (wir nennen ihn in Fantasiegespinnen "Flitzer" mit allem was dazu gehört) steht natürlich schon auf dem Feld und macht Fotos. Mama ist mittlerweile auch dabei. Eigentlich ist die Tribüne bis auf uns leer.

Wir gehen dann auch auf's Feld. Sarah sieht mich kommen, löst sich vom Team und springt mir in die Arme - beziehungsweise möchte das. Sie rutscht fast auf dem vom Zelebrieren mit Wasserflaschen nassen Boden aus. Ich fange sie und hebe sie hoch. Stolz. Mama wischt verantwortungsbewusst das Wasser weg...wenig später rollt ein Wagen an, der das in mehrfacher Geschwindigkeit für sie übernimmt. Guter Wille ist trotzdem süß. Danach passiert eine lange Zeit nichts und Sven und ich spielen etwas Basketball auf freien Korb. Man sind wir gut. Mal wieder Kind sein, kurz die Urkunde, die Sarah mir anvertraut hat auf eine Matratze legen, die dann weggeräumt wird, sie panisch irgendwie durch das Befragen einiger Leute in der Halle wieder auftreiben, weiter Kind sein...bis wir dann irgendwann zum Griechen aufbrechen. Natürlich mit dem ganzen Team.

Irgendwann während der Fahrt zum Griechen fällt Papa auf, dass er gar nicht weiß, wo der Grieche ist. Im Endeffekt war er wenige hundert Meter von der Halle weg, aber man will ja was von der Stadt sehen. Sven und ich sitzen an einem Tisch mit einem Basketballpapa und seinem Sohn. Seine anfänglichen Versuche, über Basketball zu reden, unterbinden wir schnell. Stattdessen geht es wenig später um Glücksspiel in Laos, Thainutten mit denen man Kinder zeugt und dann heiratet (Tochter und Sohn beide asiatisch geprägt), Ouzo der auf's Haus geht, Fußball, das Beleidigen des Sohnes als Junkie (das den Vater belustigt) und verwandte Themen. Gyros mit Bechamelsoße sollte man mal gegessen haben. Ein Punkt weniger auf der Bucket List.

Die Tochter setzt sich zu uns. Sie redet über verschiedenes und wirkt selbstbewusst. Ich finde das sehr angenehm, aber stelle mir vor, dass sie im Team unbeliebt ist. Das bestätigt sich später. Sarah sagt, sie sei das Opfer des Teams. Zu nervig. Ist uns egal, wir trinken Ouzo auf's Haus und Bier. Glücksspiel. Hitler. Nach dem Essen brechen alle zu ihrer Heimat auf. Es war nett. Der Heimweg wird mit Schlafen und einem Whatsappchat "Rückbank" (Sven, Sarah, ich) verbracht. Textpassagen sind "mehr liebe in einem chat als in zwei jahren", "der fahrer is do besoffen", "am 7. tag schuf gott den menschen, deswegen is nr 7 am besten gewesen".

Gerade zu Hause überrascht uns eine befreundete Basketballfamilie. Komisches Wort. Der jüngere Sohn der Familie hat vor einer Woche erreicht, was Sarah jetzt erreicht hat. Man lacht zusammen und redet über Basketball. Das gleiche wie jeden Abend also. Ich stelle mich der Höflichkeit halber ein paar Minuten mit dem letzten aus dem Kühlschrank geholten Köpi dazu. Doch dann zieht es mich zurück in mein Gemach. Den ganzen Tag stand ich übrigens in Kontakt mit und dachte an eine Person, mit der ich jetzt mental verlobt bin. Sagt zumindest Twitter.