Mittwoch, 30. Januar 2013

Die leere Wodkaflasche



Sie stand neben ihr auf dem Tisch. Sie war kein Ersatz für ihn, aber immerhin war sie da. Sie erinnerte sie an ihn, nicht nur der Form wegen. Sie musste sich mit ihr beschäftigen. Dabei beschäftigte sie sich doch beinahe ausschließlich mit ihm. Sie wäre ihr im Supermarkt nicht aufgefallen. In der Menge sah sie aus wie jede andere. Doch nun hatte sie sie bei sich. Sie war leer. Doch wovon eigentlich? Leer von Freude, die ihr Inneres doch stets zu vermitteln vermochte? Oder leer von Leid, ausgelöst durch zu viel Kontakt zu ihr? Sie blickte von oben auf sie herab. Etwas, das sie bei ihm nie tun könnte. Sie betrachtete ihre Form, die Besonderheiten in ihrem Sein. Mit jeder Veränderung ihres Blickwinkels, veränderte sich auch, was sie sah, die Bilder um sie herum. Es war alles Realität und doch so variabel, dass es beinah fiktiv wirkte. Die Realität verändern, das konnte sie ohnehin gut. Ob nun zum Positiven oder Negativen, das spielte eine untergeordnete Rolle bei der Faszination, die sie empfand. Wie war sie eigentlich hierhin gekommen? War es Freude, oder war es Leid? Sie hatte sie geleert und den Verschluss danach vergessen. Hatte es eine Bedeutung, dass er fehlte? Sie wusste, wo er sich befand. Das war nie so ihr Ding. Ihr war klar: bald würde sie ihn brauchen. Drehen sollte er sich. Er würde sie schließen. Die Fragen, was vorher war und warum, bedeutungslos machen. Er war kein Ersatz für sie, aber immerhin war er da.

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